Libanon: Verschärfung des Konflikts gefährdet Kinderleben

Mehrere sich überschneidende Krisen treiben Menschen im Libanon an den Rand des Abgrunds – knapp 75% der Kinder im Land sind von Armut bedroht.

Kind hockt und schaut in die Ferne.
Das Bild zeigt die vierjährige Dalal aus dem Libanon. Die sich ständig verschärfende Krise im Land trifft die Schwächsten der Gesellschaft unverhältnismässig stark, insbesondere Kinder. Immer mehr Mädchen und Buben gehen hungrig zu Bett und haben keinen Zugang zu ausreichender medizinischer Versorgung.

Die anhaltenden Kämpfe im Südlibanon fordern einen verheerenden Tribut von der Bevölkerung und haben mehr als 90 000 Menschen – darunter 30 000 Kinder – aus ihren Häusern vertrieben. Nach dem jüngsten Bericht des Gesundheitsministeriums sind seit der Eskalation der Feindseligkeiten im Oktober 2023 unter den 344 getöteten Menschen acht Kinder und unter den 1359 Verletzten 75 Kinder.

Die Verschärfung des bewaffneten Konflikts hat die zivile Infrastruktur und Einrichtungen beschädigt und sich auch auf die grundlegenden Dienstleistungen ausgewirkt, einschliesslich erheblicher Schäden an neun Wasserstationen, die eine Bevölkerung von 100 000 Menschen versorgen. Mehr als 70 Schulen sind derzeit geschlossen, was rund 20 000 Schüler und Schülerinnen betrifft und ihre Ausbildung erheblich beeinträchtigt. Etwa 23 Gesundheitseinrichtungen, die 4000 Menschen versorgen, sind aufgrund der Feindseligkeiten geschlossen.

 «Da sich der Konflikt im Süden des Libanon bereits im siebten Monat befindet, sind wir zutiefst besorgt über die Lage der Kinder und Familien, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, und über die schwerwiegenden langfristigen Auswirkungen der Gewalt auf die Sicherheit, die Gesundheit und den Zugang der Kinder zu Bildung», sagte der UNICEF-Vertreter im Libanon, Edouard Beigbeder. «Solange die Situation so unbeständig bleibt, werden noch mehr Kinder leiden. Der Schutz von Kindern ist eine Verpflichtung nach dem humanitären Völkerrecht, und jedes Kind verdient es, in Sicherheit zu sein.»

Schon vor dem Ausbruch des Konflikts standen die Grundversorgung im Libanon, einschliesslich des Gesundheits- und Bildungssystems, nach jahrelanger Überlastung am Rande des Zusammenbruchs. Das Gesundheitssystem ist nicht in der Lage, den Bedarf an öffentlicher Gesundheitsversorgung zu decken, da es an Ressourcen wie Energie, Personal, Ausrüstung und Medikamenten mangelt. Die beispiellosen Finanz- und Wirtschaftskrisen, die das Land seit 2019 erschüttern, haben die bestehenden wirtschaftlichen Schwachstellen noch verschärft und zu Arbeitsplatz- und Einkommensverlusten, hoher Inflation und einem Mangel an lebenswichtigen Dienstleistungen wie Strom und Medikamenten geführt.

UNICEF hat in Zusammenarbeit mit Partnern lebenswichtige Hilfe für die von den Kampfhandlungen betroffenen Familien bereitgestellt, darunter lebensrettende medizinische Hilfsgüter, Hygienesets und Mikronährstoffzusätze für die vertriebenen Familien, die hauptsächlich in Sammelunterkünften leben. UNICEF hat auch Treibstoff, Wasser, Wassertanks, Winterkleidung und Decken geliefert. Gemeinsam mit dem Sozialministerium wurde eine einmalige Nothilfe in Form von Bargeld bereitgestellt, um den unmittelbaren Bedarf von 85 000 Menschen zu decken. Binnenvertriebene Kinder konnten ihren Unterricht in öffentlichen Schulen wieder aufnehmen und erhielten neue Schulsachen und Transporthilfe.

«Die Situation im Süden kommt zu den zahlreichen Krisen hinzu, mit denen das Land seit 2019 konfrontiert ist», sagte Beigbeder. «Die Schwere der Krisen ist für Kinder unerträglich, und es muss mehr getan werden, um ihr Leid zu verhindern. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und den Schutz von Kindern und Zivilisten. Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, um sicherzustellen, dass jedes Kind im Libanon zur Schule geht und lernt, vor körperlichen und seelischen Schäden geschützt ist und die Möglichkeit hat, sich zu entfalten und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.»